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Ein Interview mit Ingo Lübs, Geschäftsführer von Rytle

Rollender Wandel auf der letzten Meile

Die Zustellungslogistik in Innenstädten revolutionieren – das ist die Vision des in Bremen angesiedelten Startups Rytle. Zu diesem Zweck kreierte das Unternehmen ein ganzheitliches Konzept um ein elektrisch betriebenes Lastenfahrrad mit Transportfunktion für die „letzte Meile“, das Waren jeder Art nahezu emissionsfrei transportieren kann. Besonders beeindruckend: Dieser Rytle „MovR“ kann nicht nur kleine Paketsendungen, sondern gleich eine ganze Palette befördern, und das auch temperaturkontrolliert. Wir haben mit Ingo Lübs, Geschäftsführer von Rytle, über Herausforderungen und Erfolge auf der letzten Meile gesprochen.

Interviewer: Wie ist die Idee für Rytle entstanden und was waren die größten Hürden und Herausforderungen bei der Entwicklung des Produkts?

Ingo Lübs: RYTLE versteht sich als Symbiose aus „dem Besten aus mehreren Welten“. Hier ist es zu einem Zusammenschluss von Expertise im Cargobike-Bereich, der Automotive Consultancy und der IT-Konzeption gekommen, welche mit Expertenwissen aus Logistik im Trailerherstellerbereich das Ziel schürt, eine effektive Gesamtlösung und hiermit eine Steigerung der Gesamtperformance mit sich zu bringen.

Der Schwerpunkt liegt seit Anfang an auf der unmittelbaren Abstimmung zwischen den einzelnen Komponenten – beispielsweise besteht durch die vorhandene Telematik und eine neuentwickelten Softwareplattform eine durchgehende Vernetzung in Echtzeit.

Als Herausforderung sehen wir nach wie vor die Komplexität der internationalen Märkte – wobei wir inzwischen eine klare nationale sowie internationale Nachfrage erleben: Professionelle Lösungen und Konzepte werden benötigt und der Wandel auf dem „letzten Meter“ steht klar im Fokus.

Die Rytle-Räder sind bereits in über 30 Städten in Europa im Einsatz und werden von diversen Paketdienstleistern genutzt. Bekommen Sie gelegentlich Feedback von Fahrern, Passanten oder Endempfängern zu hören? Wie wird dieses ungewöhnliche Gefährt auf den Straßen wahrgenommen?

Das bisherige Feedback aus dem internationalen Einsatz ist sehr positiv. Unsere RYTLE-MovR zeigen hierbei auf, dass insbesondere im Bereich des „letzten Meters“ viele Stakeholder entlastet werden. Besonders bei Verkehrsteilnehmern im urbanen Umfeld sind die Fahrer der Bikes beliebt. Das zeigt sich insofern, dass die Kuriere, welche vorab mit ihren Transportern oftmals in der zweiten oder sogar dritten Reihe innerhalb der Innenstadt standen, nicht mehr – etwas salopp ausgedrückt – beschimpft werden, sondern eine durchweg positive Resonanz inklusive Fotoanfragen erhalten.

Seit Kurzem fährt der „RYTLE MovR 25“ auch in Miami und Portland in den USA. Inwiefern unterscheiden sich dort die Anforderungen im Hinblick auf City-Logistik und Verkehr von jenen in Europa?

Im Grundprinzip ähneln sich die Anforderungsprofile durchaus. Hier beobachten wir die Notwendigkeit einer smarten und urbanen Lösung – welche jedoch hinsichtlich einiger Einzelvorschriften und Gesetzgebungen in einzelnen Städten und Bundesstaaten teils variiert – dem gegenüber sind wir allerdings bestens gewappnet. Selbiges beobachten wir übrigens auch in Kanada, einem weiteren Standort, welchen wir inzwischen mit unserer effektiven Lösung von RYTLE bedienen.

„Besonders bei Verkehrsteilnehmern im urbanen Umfeld sind die Fahrer der Bikes beliebt. Das zeigt sich insofern, dass die Kuriere, welche vorab mit ihren Transportern oftmals in der zweiten oder sogar dritten Reihe innerhalb der Innenstadt standen, nicht mehr – etwas salopp ausgedrückt – beschimpft werden, sondern eine durchweg positive Resonanz inklusive Fotoanfragen erhalten.“

Ingo Lübs, Geschäftsführer von Rytle, über Reaktionen von Passanten in Stadtzentren

 

Auch die österreichische Post testet Rytle derzeit in einem dreimonatigen Pilotprojekt. Ein LKW bringt die Pakete konsolidiert zu einem zentral gelegenen City Hub. Von dort aus werden die Pakete mit Rytle-Rädern zugestellt. Wie läuft die Kooperation bis jetzt?

Durch einen engen Austausch mit der österreichischen Post können wir zum jetzigen Zeitpunkt durchweg positives Feedback vermelden; eine reibungslose und sehr konstruktive Eruierung findet statt und zeigt auf, wie flexibel die unsere Lösung in der Stadt Wien funktioniert.

Sogar gekühlte Produkte oder warme Speisen können in speziellen Rytle-Boxen transportiert werden. Wie lautet das Fazit für die temperaturkontrollierten Rytle-Boxen?

Wir verzeichnen eine sehr hohe Nachfrage im Bereich des temperaturgeführten Transportes – mit täglichen Anfragen bezüglich dieser Thematik und dem Einsatz in Verbindung mit unseren MovR’n. Deutlich wird auch, dass immer mehr international agierende Unternehmen nach dieser Lösung suchen, um bspw. frisch-gekühlte Lebensmittel zu Restaurants oder auch Endverbrauchern zu transportieren. Die Einsatzoptionen und damit verbundenen Güter sind sehr variabel – die gemeinsame Grundproblematik auf dem „letzten Meter“ sind bspw. bei Floristen, Einzelhändlern oder auch im Lebensmittelbereich sehr ähnlich.

In vielen Städten gibt es derzeit neue und interessante Ideen zur Optimierung der Last-Mile-Logistik. Wäre eine Kooperation bzw. Kombination mit anderen Last-Mile-Lösungen, wie z.B. Transport auf Binnengewässern oder via unterirdische Rohrpost, vorstellbar?

Wir von RYTLE sind diesbezüglich im ständigen Austausch zu Lösungsansätzen so wie validierten Lösungen. Binnenschiff-Ansätze, wie sie bereits in Paris umgesetzt werden, zeigen auf, wie bedeutsam der „letzte Meter“ bzw. die „letzte Meile“ bereits international ist. Ob hier Systeme wie die unterirdische Rohrpost in näherer Zukunft zum Einsatz kommen, wird sich zeigen. Die Entwicklung bleibt aber definitiv spannend.

Danke für das Interview!